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Keine Haftung: Skibindung muss nicht bei jedem Sturz öffnen

Wann besteht Produkthaftung des Herstellers einer Skibindung für die Verletzungen des Skifahrers, wenn sich die Bindung nicht öffnet?

Nicht, wenn es sich um einen Rückwärtssturz handelt, hielt nun auch der Oberste Gerichtshof (OGH) in einer Entscheidung fest. Denn Skibindungen öffnen sich nur bei Stürzen in Richtung Skispitze oder seitlichen Verdrehstürzen. Für einen reinen Sturz nach hinten gibt es nach derzeitigem Stand überhaupt keine technische Lösung für ein Öffnen der Skibindung.

Im vorliegenden Fall, war jedoch genau solch ein Sturz nach hinten Grund für die Verletzungen. Die Funktion der entsprechende Bindung war mittels TÜV-Zertifikat bestätigt worden, sie wurde korrekt konstruiert und war zum Unfallzeitpunkt voll funktionstüchtig.  Auch ein „Allgemeiner Warnhinweis“, dass die Bindung möglicherweise nicht in allen Situationen auslöst, in denen Verletzungs- oder Todesgefahr besteht, war beim Kauf angebracht.

Der Hersteller hat somit nach Ansicht der beiden Vorinstanzen und des OGH, seine Verpflichtungen erfüllt; eine Produkthaftung besteht im vorliegenden Fall nicht, die Klage wurde endgültig abgewiesen.

 

UNSERE TIPPS VOM RECHTSANWALT:
Wann könnte man Produkthaftung geltend machen?

Produkthaftung wird beim Hersteller oder dem Importeur, der das Produkt in den europäischen Wirtschaftsraum bringt, geltend gemacht. Schadenersatz erhält man jedoch nur für die durch den Fehler entstandenen Schäden an Sachen oder Personen; das fehlerhafte Produkt selbst, wird durch die Produkthaftung nicht ersetzt.

Bei den Produktfehlern im Sinne des § 5 Abs 1 Produkthaftungsgesetz (PHG) ist nach der Rechtsprechung zwischen KONSTRUKTIONSFEHLERN, PRODUKTIONSFEHLERN und INSTRUKTIONSFEHLERN zu unterscheiden.

  • Konstruktionsfehler

    Hier ist bereits das technische Konzept fehlerhaft. Der Fehler kann in der Planung, Entwicklung oder Konstruktion liegen und führt zur Fehlerhaftigkeit jedes einzelnen Stücks, das aufgrund dieses Konzepts hergestellt wird. Im Falle der Skibindung hätte man diesen Fehler einwenden können, wenn alle Bindungen des Herstellers so konstruiert wären, dass sie sich z.B. selbst bei richtiger Einstellung bei keiner Art von Sturz öffnen.

  • Produktionsfehler (Fabrikationsfehler):

    Von einem Produktionsfehler spricht man, wenn zwar das Konzept und das danach hergestellte „ideale Produkt“ sicher ist, nicht aber das konkrete einzelne Stück. Die Produktion war also mangelhaft, weil ein Fehler oder „Ausreißer“ bei der Auführung passiert ist. Am Beispiel der Skibindung könnte man diesen Fehler einwenden, wenn zwar grundsätzlich die Bindungen dieses Herstellers bei Vorwärts- oder seitlichen Drehstürzen auslösen, nicht aber diese eine in diesem einen Fall.

  • Instruktionsfehler:
    Dieser Fehler liegt vor, wenn notwendige Hinweise auf gefährliche Eigenschaften des Produkts unterlassen werden. Wäre im obigen Beispiel also der „Allgemeine Warnhinweis“ unterblieben, dass die Skibindung möglicherweise nicht in allen Situationen auslöst, hätte man diesen Fehler einwenden können.

Zusätzlich kann auch die komplette Wirkungslosigkeit eines Produkts ein Produktionsfehler sein (z.B. ein Feuerlöscher, der nicht löscht).

Die gesamte Entscheidung 5Ob152/21w

Diese Auskünfte sind allgemein und unverbindlich. Viele zusätzliche Details können im Einzelfall zu einer anderen Antwort führen. Sollten Sie Informationen zu einem konkret vorliegenden Fall wünschen, beraten wir Sie gerne ausführlich in unserer Kanzlei.

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