Ein vierjähriges Mädchen, dessen Vater bereits verstorben war, ist gesetzliche Erbin nach ihrem Großvater. Die Tante behauptet allerdings aufgrund eines Testaments Alleinerbin zu sein. Wer von beiden muss nun die Gültigkeit oder Ungültigkeit des Testaments beweisen?
Erbrechtsstreitigkeiten können sehr oft nicht eindeutig geklärt werden, wenn ein vorhandenes Testament angefochten wird.
Denn wenn es keine Testamentszeugen gibt, ist es schwer zu beweisen ob tatsächlich der Erblasser selbst das Testament verfasst hat. Auch Schriftgutachten kommen dabei häufig zu keinem Ergebnis.
Da aber eine Entscheidung fallen muss, ist es relevant auf wessen Seite die Beweislast liegt, wer also beweisen muss, dass das Testament gültig oder ungültig ist.
Schriftgutachten brachte kein Ergebnis
In dieser kniffligen Ausgangssituation befand sich auch ein mittlerweile vierjähriges Mädchen, vertreten durch ihre Mutter. Anstelle ihres vorverstorbenen Vaters war das Mädchen gesetzliche Erbin ihres Großvaters und gab eine bedingte Erbantrittserklärung zur Hälfte des Nachlasses ab. Die Tochter des Großvaters legte jedoch ein Testament vor, in welchem sie zur Alleinerbin ernannt wurde. An der Echtheit des Testaments bestanden jedoch aus Sicht der Enkelin berechtigte Zweifel.
Doch das eingeholte Schriftgutachten ergab nur ein „non liquet“, was so viel bedeutet wie, dass es gleichermaßen echt oder gefälscht sein könnte und man es schlichtweg nicht feststellen kann.
Nach Ansicht des Bezirksgerichtes Hollabrunn lag die Beweislast aber bei der Enkelin. Sie hätte also beweisen müssen, dass das Testament falsch ist, was ihr somit nicht gelungen war.
Das Landesgericht Korneuburg bestätigte diese Rechtsansicht, die bislang gängige Praxis war. Nach der bisherigen Judikatur mussten die gesetzlichen Erben beweisen, dass ein Testament ungültig sei.
Wer muss Gültigkeit des Testaments beweisen?
Nach Ansicht der Donnerbauer & Partner Rechtsanwalts GmbH, die das Mädchen im Verfahren vertrat, führte eine Gesetzesänderung der letzten Jahren zu einer Beweislastumkehr.
Da es noch keine eindeutige oberstgerichtliche Rechtssprechung dazu gab, wandte man sich an den OGH. Dieser gab dem Revisionsrekurs in seiner Entscheidung schließlich auch Recht. Demnach muss also derjenige die Echtheit eines Testaments beweisen, der sich darauf stützt, das heißt der Testamentserbe.
Da durch diese Entscheidung nun die Tochter die Echtheit des Testaments beweisen musste, was ihr durch das eingeholte „non liquet“-Gutachten nicht gelang, kommt das gesetzliche Erbrecht zum Tragen.
Der Vierjährigen konnte nach jahrelangem Rechtsstreit so schließlich zu ihrem berechtigten Erbe nach ihrem verstorbenen Großvater verholfen werden.
Haben Sie konkrete Fragen? Dann vereinbaren Sie gleich ONLINE einen Besprechungstermin in unserer Kanzlei.
Bildnachweis: Pixabay, CCO