Bei einer Operation im Alter von drei Jahren entfernte ein Arzt versehentlich Teile der Gebärmutter einer jungen Frau. Sie wird deshalb nie selbst Kinder bekommen können. Ist dadurch ihre Heiratsfähigkeit eingeschränkt und steht ihr deshalb eine Entschädigung zu?
Längst müssen Frauen nicht mehr heiraten, um ihr Überleben zu sichern. Dennoch steht im Allgemeinen Bürgerlichen Gesetzbuch (ABGB) aus 1812 und ist daher gültig:
„Ist die verletzte Person durch die Mißhandlung verunstaltet worden; so muß, zumahl wenn sie weiblichen Geschlechtes ist, in so fern auf diesen Umstand Rücksicht genommen werden, als ihr besseres Fortkommen dadurch verhindert werden kann.“
Auf diesen Gesetzestext stützte sich die Klage der heute 17-jährigen Frau, die, wie sich erst später herausstellte, durch eine fehlerhafte Operation im Kindesalter unfruchtbar wurde. Für die zukünftigen körperlichen und seelischen Qualen, die sich noch nicht abschätzen lassen, bestätigte der Oberste Gerichtshof (OGH) den Zuspruch von € 25.000,– an Schmerzengeld.
Zusätzliche € 10.000,– als Ersatz für eine verminderte Heiratsfähigkeit hatte das Landesgericht Linz zunächst zugesprochen. Diese wollte das Oberlandesgericht Linz und nun auch der OGH allerdings nicht anerkennen. Die im Gesetz erforderliche „Verunstaltung“ sei nicht gegeben, da eine Unfruchtbarkeit äußerlich nicht wahrgenommen werden kann. Voraussetzung für einen Schadenersatz wäre die „sinnliche Wahrnehmung der Verunstaltung“.
Was gilt als „Verunstaltung“?
Als Verunstaltung gilt ganz allgemein jede wesentliche nachteilige Veränderung der äußeren Erscheinung.
Darunter fallen nicht nur sichtbare Beeinträchtigungen am Körper. Auch solche, die die Folge einer nicht sichtbaren Verletzung sind wie etwa eine Sprachstörung, ein Zittern der Hände als Folge einer Hirnverletzung, Taubheit oder der Verlust der Sehfähigkeit.
Selbst wenn man bereits berufstätig ist, sich also selbst fortbringt, haben Gerichte in der Vergangenheit Schadenersatz zugesprochen. Denn durch eine Heirat könnte sich die finanzielle Situation immer noch verbessern.
Keinen Anspruch darauf hat wer bereits verheiratet ist.
Die gesamte Entscheidung 1Ob214/18d
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