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Grund für Scheidung kann man sich nicht „aufheben“

Nach dem Ehegesetz gilt ehrloses oder unsittliches Verhalten des Ehepartners als ehewidrig und damit als Grund für eine Scheidung. Dabei muss sich dieses Verhalten nicht unbedingt gegen den Ehepartner richten. Es kann sich dabei allgemein um ein verwerfliches Verhalten handeln, das dem Partner eine Fortführung der Ehe unerträglich macht. Beispiele dafür sind etwa Alkohol- oder Drogenmissbrauch sowie bestimmte Straftaten.

Sechs Monate, um über Eheverfehlung nachzudenken

Allerdings kann man sich derartige Scheidungsgründe nicht uneingeschränkt aufheben, um sie dann zum passenden Zeitpunkt geltend zu machen. Das Gesetz spricht einem Ehepartner eine Frist von sechs Monaten zu, in der man überlegen kann, ob die Fortsetzung der Ehe trotz dieses Verhaltens möglich ist oder nicht. Erfährt ein Partner also von einem Scheidungsgrund, wie etwa einer Affäre seines Ehepartners, hat er sechs Monate Zeit, um aus diesem Grund die Scheidungsklage einzubringen. Man kann sich jedoch Eheverfehlungen nicht beliebig lange „aufheben“, um sie zu einem späteren Zeitpunkt geltend zu machen. Danach gilt diese Eheverfehlung deshalb nicht mehr als Scheidungsgrund. Selbst dann nicht, wenn es sich dabei um den Besitz von kinderpornografischen Bildern handelt, für die der Ehepartner auch strafrechtlich verurteilt wurde. Dies hat kürzlich der Oberste Gerichtshof (OGH) in einer Entscheidung festgehalten.

Verurteilung wegen Besitz von Kinderpornografie ist kein Scheidungsgrund

Die Ehefrau entdeckte die kinderpornografische Sammlung ihres Mannes und zeigte ihn bei der Polizei an. Daraufhin wurde dieser zu einer bedingten Freiheitsstrafe von sechs Monaten verurteilt. Erst über ein Jahr nachdem sie die Sammlung entdeckt hatte, machte die Ehefrau das Fehlverhalten ihres Mannes in der Scheidungsklage als Scheidungsgrund geltend. Das ehrlose und unsittliche Verhalten sei der Besitz von Kinderpornografie an sich und nicht die strafrechtliche Verurteilung, stellten die Gerichte fest. Der Besitz von Kinderpornografie stellt zwar eindeutig einen Scheidungsgrund dar, doch hätte die Ehefrau nach dem Bekanntwerden innerhalb von sechs Monaten die Scheidungsklage einreichen müssen. Im vorliegenden Fall habe die Frau keine Schritte gesetzt, um die von ihr als ehewidrig empfundene Situation zu verändern.

 

UNSERE TIPPS VOM RECHTSANWALT:
Wie geht man rechtlich richtig mit Eheverfehlungen des Partners um?

Handelt ein Ehepartner „ehewidrig“ gilt das als Grund für eine Ehescheidung aus dem Alleinverschulden des Partners. Wird die Ehe aus dem Alleinverschulden eines Ehepartners geschieden, muss dieser dem anderen dann auch Unterhalt bezahlen – vorausgesetzt der andere kann nicht selbst aus eigenen Mitteln seinen Unterhalt bestreiten.

  • Was zählt als Eheverfehlung?

    Als Eheverfehlung gilt dem Gesetz nach „ehrloses und unsittliches“ Verhalten. Was genau alles darunter fällt, muss nach dem jeweiligen Stand von Recht und Moral beurteilt werden. Die Rechtsprechung hat hier jedoch jedenfalls bereits Alkohol- oder Drogenmissbrauch, sexuelle Beziehungen sowie bestimmte Straftaten als solche erkannt. Jedoch gilt nicht jedes rechtswidrige Verhalten auch als Eheverfehlung.

  • Rechtlich richtiger Umgang bei Eheverfehlungen:

    Wenn man von einer Eheverfehlung des Partners erfährt, sollte man sich zunächst Zeit nehmen und für sich entscheiden, ob man die Ehe trotzdem weiterführen möchte. Man kann auch versuchen es gemeinsam zu schaffen. Allerdings darf man aus rechtlicher Sicht eben nicht die Frist von sechs Monaten aus den Augen verlieren. Entscheidet man sich für eine Scheidungsklage, muss man diese unbedingt innerhalb von sechs Monaten ab Kenntnis des Scheidungsgrundes bei Gericht einbringen. Danach gilt dieser Grund als „verziehen“. Bei fortgesetztem ehewidrigen Verhalten beginnt die Frist erst mit der letzten diesbezüglichen Handlung. So kann es als Scheidungsgrund gelten, wenn ein Partner über zwei Jahre hinweg laufend und immer stärker zum Alkoholiker wird, auch wenn man bereits vor zwei Jahren von seinem Alkoholproblem wusste. Eine Affäre, die vor 20 Jahren stattgefunden hat, von der man aber erst jetzt erfährt, ist dennoch bereits verfristet; eine Affäre, die vor fünf Jahren beendet wurde, weil der Ehepartner davon erfahren hat, gilt heute ebenfalls nicht mehr als Scheidungsgrund.

Die gesamte Entscheidung 4Ob56/21w

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